Sommerzeit ist Erdbeerzeit
Kaum eine Frucht erfreut sich in Deutschland so großer Beliebtheit wie die Erdbeere. Ob frisch vom Feld, im Kuchen, im Dessert oder pur – ihr süßes Aroma steht sinnbildlich für den Sommer. Doch mit dem saisonalen Genuss kommen auch regelmäßig Bedenken auf: Wie stark sind Erdbeeren mit Pestiziden belastet? Müssen Verbraucherinnen und Verbraucher um ihre Gesundheit fürchten? Und sind Bio-Erdbeeren tatsächlich die einzig „sichere“ Alternative?
Ein aktueller Test von Stiftung Warentest bringt erfreuliche Klarheit: Die meisten der getesteten Erdbeeren – sowohl aus konventionellem als auch biologischem Anbau – sind nur gering oder gar nicht mit Pestiziden belastet. Selbst Importware aus Spanien oder Italien schneidet erstaunlich gut ab. Der Artikel beleuchtet die Ergebnisse, vergleicht Anbaumethoden und gibt praktische Tipps für den unbedenklichen Genuss.
Stiftung Warentest: Nur geringe Rückstände
Im Juni 2025 veröffentlichte die Stiftung Warentest eine großangelegte Untersuchung von 23 Erdbeerproben, darunter konventionelle und biologische Produkte aus Deutschland, Spanien, Italien und Griechenland. Die Tester suchten gezielt nach 900 verschiedenen Pflanzenschutzmitteln. Das Ergebnis: In 9 von 23 Proben war die Pestizidbelastung „sehr gering“, in weiteren Fällen „gering“. Nur bei einer Probe wurden Rückstände bis zu 16 % des zulässigen Höchstmengenwerts gemessen – und damit immer noch weit unterhalb der gesetzlichen Grenze.
Zwei der getesteten Bio-Proben waren sogar völlig frei von Pestizidrückständen. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass Erdbeeren im Jahr 2025 kein Gesundheitsrisiko durch Rückstände darstellen – vorausgesetzt, man kauft beim richtigen Anbieter.
Discounter schneiden gut ab
Besonders überraschend: Erdbeeren vom Discounter wie Aldi Nord, Netto Marken-Discount oder Edeka schnitten im Test hervorragend ab. Die Belastungen lagen oft unterhalb der Nachweisgrenze – bei einem Preis von rund 5 Euro pro Kilo. Damit entkräften sich die häufig geäußerten Vorbehalte gegenüber günstigen Produkten.
Die Stiftung Warentest lobte insbesondere die Kontrollmechanismen großer Handelsketten. Viele dieser Unternehmen setzen auf intensive Vorabkontrollen, um Rückstände schon vor dem Verkauf auszuschließen. Das Ergebnis: Hohe Lebensmittelsicherheit zum kleinen Preis.
Biologisch – aber nicht immer besser
Bio-Erdbeeren genießen den Ruf, besonders gesund und pestizidfrei zu sein. Tatsächlich verbietet der biologische Landbau den Einsatz synthetischer Pflanzenschutzmittel. Doch auch Bio-Produzenten dürfen natürliche Mittel verwenden, die in Einzelfällen nachweisbar sind.
Im aktuellen Test waren zwei Bio-Proben komplett rückstandsfrei, einige andere zeigten minimale Spuren zugelassener Naturstoffe. Die Preisunterschiede hingegen sind erheblich: Während konventionelle Ware im Schnitt 4 bis 5 Euro pro Kilo kostet, liegen Bio-Erdbeeren bei bis zu 10 Euro – ein Faktor, der viele Verbraucherinnen und Verbraucher zögern lässt.
Importware: Keine Auffälligkeiten
Lange galt die Annahme, dass Erdbeeren aus Spanien, Italien oder Griechenland stärker mit Pestiziden belastet seien als heimische Produkte. Der Warentest zeigt jedoch: Diese pauschale Annahme lässt sich nicht halten. Weder Herkunft noch Anbauweise lassen sich automatisch mit höherer Belastung gleichsetzen.
Vielmehr hängt die Rückstandsbelastung vom jeweiligen Produzenten, den verwendeten Pflanzenschutzmitteln und den Kontrollen entlang der Lieferkette ab. Einige der besten Proben stammten aus Südeuropa – und das trotz intensiver Landwirtschaft.
Kritische Stimmen: BUND warnt vor Cocktaileffekt
Trotz der insgesamt positiven Bilanz weisen Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen auf mögliche Risiken hin. Der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) hatte bereits 2023 eine Untersuchung durchgeführt, bei der 15 von 19 Erdbeerproben Rückstände enthielten. Etwa die Hälfte der Proben wies sogar Mehrfachbelastungen auf – also sogenannte Pestizid-Cocktails.
Besonders bedenklich: Einige nachgewiesene Stoffe wie Trifloxystrobin oder Bupirimat gelten laut EU-Behörden als hormonell wirksam oder fortpflanzungsschädlich. Zwar lagen die Einzelwerte unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte, doch die Gesamtwirkung mehrerer Stoffe zusammen – der sogenannte Cocktaileffekt – wird bislang kaum reguliert.
Der BUND fordert deshalb strengere Kontrollen und eine Überarbeitung der Risikobewertungen durch die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA. Auch Umweltverbände wie Greenpeace schließen sich dieser Forderung an.
Waschen, aber richtig!
Ein einfacher, aber effektiver Schutz gegen mögliche Rückstände: Gründliches Waschen. Erdbeeren sollten unter fließendem Wasser abgespült werden – möglichst nicht im stehenden Wasser, um keine Keime zu übertragen. Wichtig ist außerdem, den Blattansatz erst nach dem Waschen zu entfernen. So bleibt der Fruchtraum geschlossen, und Schadstoffe dringen nicht ins Innere ein.
Ein zusätzlicher Tipp: Wer ganz sicher gehen will, kann die Erdbeeren kurz in einer Lösung aus Wasser und etwas Natron einlegen. Studien zeigen, dass diese Methode besonders effektiv beim Entfernen von Pestiziden ist.
Regional – aus gutem Grund
Auch wenn Importware mittlerweile gut kontrolliert ist, empfehlen viele Ernährungsexpert*innen, regionale Erdbeeren zu bevorzugen. Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Frische: Kurze Transportwege garantieren reifes Aroma und bessere Haltbarkeit.
- Umweltbilanz: Weniger CO₂-Emissionen durch kurze Lieferwege.
- Transparenz: Regionale Produzenten sind meist besser kontrollierbar.
- Faire Arbeitsbedingungen: Inländische Betriebe unterliegen strengeren Arbeitsgesetzen als etwa in Spanien.
Wer die Möglichkeit hat, direkt beim Bauern oder am Erdbeerfeld zu kaufen, sollte diese nutzen. Oft sind die Früchte nicht nur frischer, sondern auch günstiger – besonders in der Hauptsaison ab Juni.
Gesundheitliche Bewertung: Entwarnung
Ernährungsmediziner geben angesichts der aktuellen Datenlage Entwarnung: Die in Erdbeeren nachgewiesenen Rückstände liegen deutlich unterhalb gesundheitlich bedenklicher Mengen. Auch die vielfach diskutierten hormonellen Effekte wurden bisher nur in Tierversuchen und unter unrealistischen Mengen festgestellt.
Selbst bei täglichem Verzehr über mehrere Wochen sind keine akuten Risiken für gesunde Erwachsene zu erwarten. Menschen mit geschwächtem Immunsystem, Kleinkinder oder Schwangere sollten dennoch – wie generell bei rohem Obst – auf besonders gründliches Waschen achten.
Bio oder konventionell – was ist die bessere Wahl?
Die Entscheidung für oder gegen Bio hängt nicht nur vom Wunsch nach möglichst pestizidfreier Ernährung ab. Sie ist auch eine Frage des Budgets, der Umweltethik und des Konsumverhaltens. Wer bereit ist, mehr auszugeben, unterstützt nachhaltigere Anbaumethoden und vermeidet Rückstände vollständig. Wer konventionelle Ware kauft, erhält in der Regel ebenfalls ein gesundheitlich unbedenkliches Produkt – insbesondere, wenn er auf Anbieter mit guten Kontrollen achtet.
In beiden Fällen gilt: Erdbeeren sind eine gesunde Wahl. Sie enthalten viel Vitamin C, Antioxidantien und wenig Zucker. In Sachen Schadstoffe schneiden sie inzwischen deutlich besser ab als noch vor wenigen Jahren.
Ungetrübter Genuss mit klarem Gewissen
Erdbeeren sind heute so sicher wie selten zuvor. Die aktuellen Tests zeigen, dass Verbraucher*innen nicht zwischen Genuss und Gesundheit abwägen müssen. Wer auf Bio setzt, bekommt in vielen Fällen ein rückstandsfreies Produkt – muss dafür aber tiefer in die Tasche greifen. Wer hingegen preisbewusst einkauft, kann auch bei konventionellen Produkten getrost zugreifen – vor allem, wenn sie aus kontrollierten Quellen stammen.
Der beste Mix für Gesundheit, Umwelt und Geschmack? Regional kaufen, gründlich waschen und bewusst genießen – ganz gleich ob vom Feld, Markt oder Supermarkt.
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